Die Kirche in Großniedesheim
blickt auf eine fast 1000 Jahre alte Geschichte zurück!

 

DIE ÜBERLIEFERTE GESCHICHTE UNSERER KIRCHE
Nach einem Bericht von dem Historiker Otto Gödel

Schaut man ins Land und betrachtet seine sakralen Baudenkmäler, besonders Kirchen und Dome, so stellt man fest, dass die großen übermächtigen Sakralbauten mit ihrem von der Bevölkerung kaum verstandenen Zier- und Figurenreichtum doch die Lieblinge der Besucher sind.
Die alten Kirchen auf dem Lande sagen in ihren einfachen Formen oft genauso viel aus wie die Prunkbauten in der Stadt, werden aber von den Menschen in ihrer Betrachtung kaum wahrgenommen. Gerade sie brachten das Christentum den Menschen im Mittelalter näher.

Zu den ältesten Sakralbauten
Sie waren oft Hort der Geborgenheit, Ort des Findens und der Zusammenkunft. In schweren Zeiten boten sie die letzte Rettung vor einer Horde wilder Soldaten. Viele dieser Kirchen waren in vergangener Zeit mit ihren dicken Friedhofsmauen Schutz- und Trutzburgen und oft der letzte Zufluchtsort für ein ganzes Dorf. Die Kirche war manchmal älter als das Dorf, in dem sie sich befindet. Um eine solche Kirche handelt es sich bei der protestantischen Kirche zu Großniedesheim. Sie gehört zu den ältesten Sakralbauten der Pfalz.

Um die Entstehung mittelalterlicher Gotteshäuser zu verstehen, muss die Zeit zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert betrachtet werden. In dieser Zeit stand dem Hochadel und damit dem Grundherrn die Herrschaft über das Volk und dessen Glauben nach germanischem Recht zu, wobei der Kaiser der oberste Grundherr war und auf alle Geschehnisse Einfluss nahm. Die Kaiser bauten nach germanischem Kirchenrecht auf ihrem Eigentum ihre „Eigenkirchen“, mit denen sie nach ihrem Gutdünken schalten und walten konnten. Sie statteten die Kirchen aus, setzten die Priester ein, zogen den Kirchenzehnten ein und konnten diesen zu ihrem Nutzen verwenden. Auch konnte der Grundherr über seine Kirche als Ganzes nach seinem freien Ermessen verfügen, sei es durch Schenkung, durch Kauf oder Tausch. Dabei musste nur die Kirche erhalten bleiben und der Gottesdienst nicht gestört werden.
Da diese „Eigenkirchen“ auch etwas einbrachten, schossen sie vom 9. - 12. Jahrhundert förmlich wie Pilze aus dem Boden. Zunächst waren sie als sogenannte „Stabkirchen“ aus Holz gebaut. Im 10. und 11. Jahrhundert werden viele in Stein ausgeführt, wobei im Raum Worms langobardische Wandersteinmetze einen wesentlichen Anteil am Bau beitrugen.

Die Kirche zu Großniedesheim dürfte mit größter Wahrscheinlichkeit eine „Eigenkirche“ des Kaiserhauses sein, denn um 1300 vergab Kaiser Friedrich II. die Vogtei über Großniedesheim dem Grafen Philipp von Falkenstein. Die Kirche zu Großniedesheim ist wohl viel älter ist als das Dorf selber, das erst 1204 in den Annalen des Klosters Schönau bei Heidelberg genannt wird. Unsere Kirche war selbst aber weit vor 1204 dem Domkapitel zu Worms inkorporiert . In dem Jahr vergab das Domkapitel dem Domprobst Nibelung sein Patronatsrecht an der Kirche zu „Nytensheim“

Kirche früher als das Dorf
Die Kirche dürfte zu den frei im Feld stehenden Gotteshäusern zählen, um die sich im späten 11. Jahrhundert reichseigene Bauern ansiedelten und somit das „Reichsdorf Nytensheim“ gründeten.
1360 besaß Falkenstein das Eigentum an der Kirche, da im genannten Jahr Philipp von Falkenstein und sein Vetter Johann von Falkenstein ihre Kirchensätze und Gotteslehen „mutscharten“ (Stammlehen auf Verlangen teilten). Hierbei erhielt Philipp den Kirchensatz zu „Nittensheim“.

Kriege und Notzeiten gingen selten an Kirchen vorbei, die auch zu „Wehrkirchen“ umgestaltet wurden – so auch unser Gotteshaus. Es war wohl 1471 im Krieg zwischen den Grafen zu Leiningen und Kurfürst Friedrich I. von der Pfalz stark beschädigt worden. Doch die Kirchengeschworenen besaßen kein Geld, um den baufälligen Turm und andere Gebäudeteile herrichten zu lassen. Im Jahr 1498 wandten sich die Kirchengeschworenen und der Pastor an das Domkapitel zu Worms, um einen Zuschuss von 40 rheinischen Gulden in Freundschaft zum Baufond zu erhalten. Das Domkapitel verweigerte die Zahlung. Es kam zu einem Rechtsstreit, da die Kirchengeschworenen auf dem Standpunkt standen, das Domkapitel hätte die Verpflichtung, bei Schäden am Gotteshaus zu helfen.
Diesen Rechtsstreit schlichtete kein Geringerer als der wohlbekannte Rechtsanwalt Dr. Valentin von Dürkheim (genannt Ostertag), der zu dieser Zeit in den Diensten der Wildgräfin Johanetta, geborene Gräfin von Saarwerden, stand.
Die Verhandlungen endeten mit den alljährlichen Zinszahlung aus obigem Fond zum Zwecke des Kirchenbaus. Diesen Fond sollten Melchior von Dhaun, Herr zu Oberstein und seine Erben als Lehens- und Dorfherren kontrollieren und verwalten. Der Domdechant zu Worms, Erpho von Gemingen und der Junker Melchior von Dhune (Dhaun) besiegelten die Vereinbarung. Soweit die schriftlich überlieferte Geschichte der Großniedesheimer Kirche.